Quietschbunte Götter in Frankfurt

Wie oft hört man die Frage: „Sind die Farben echt?“ in Museen oder bei einer Führung in Ägypten? Unzählige Male. Antwort: „Ja, sie sind echt.“ Und obwohl uns z.B. die Nofretete-Büste oder die ägyptischen Grabmalereien in ihrer Farbigkeit vor Augen stehen, muss man sich zwischendurch immer wieder daran erinnern, dass auch die anderen Denkmäler nicht so farblos waren, wie sie uns heute oft entgegentreten. Der Zahn der Zeit hat an den Farbpigmenten genagt, und vielfach haben sich nur wenige Reste auf Statuen, Stelen und Tempelwänden erhalten. Wie viele Details sind uns verloren gegangen, die z.B. nur gemalt und nicht reliefiert waren, und welch verfälschten Eindruck haben wir häufig von diesen Denkmälern!

Wer in den letzten Jahren durch Ägypten gereist ist, hat aber entzückt feststellen können, dass an einigen Orten die Farbigkeit ägyptischer Tempel unter einer dicken Schicht aus Ruß und Dreck wiederentdeckt und mit beeindruckendem Ergebnis freigelegt wird, wie z.B. im Tempel von Esna (Fotos und Infos über das Tübinger Projekt in Kooperation mit dem Ministry of Antiquities Cairo finden Sie hier und ein Interview mit dem Projektleiter Christian Leitz, das SWR2 im November 2020 geführt hat, hier).

Aber, so umwerfend die Farbeindrücke im Inneren der Tempel sind – seien Sie mal ehrlich –, können Sie sich vorstellen, wie das ausgesehen haben muss, wenn die Tempel auch auf ihren Außenwänden quietschbunt bemalt waren?

Aber wir stehen mit unserem zumindest in Teilen verzerrten Bild der ägyptischen Kunst nicht allein da. Noch härter erschüttert wird in den letzten Jahrzehnten das Bild der griechischen und römischen Antike, deren blendend weiße Denkmäler ebenfalls ursprünglich nur so vor Farbe strotzten, wie das Liebieghaus in Frankfurt in seiner Ausstellung „Bunte Götter – Golden Edition“ erneut unter Beweis stellt. So erfährt man in dem Teaser und dem Video-Rundgang durch die Ausstellung (Englisch mit deutschen Untertiteln) u.a., dass die Griechen von der Bildhauerei der Ägypter gelernt haben – inkl. der Benutzung von Farbe – und wie das Wissen um die Polychromie nicht nur einmal vergessen wurde und neu wiederentdeckt werden musste. Besonders beeindruckend ist auch das multimediale „Digitorial zur Ausstellung“.

Die Ausstellung „Bunte Götter – Golden Edition. Die Farben der Antike“, im Frankfurter Liebieg-Haus – bestückt mit einigen ägyptischen Objekten – ist bis zum 26.09.2021 verlängert. Auch Online-Führungen werden angeboten.