Das Sommerevent 2024 führte den Freundeskreis Ägyptologie in diesem Jahr nach Köln zur Ausstellung „Ramses II. und das Gold der Pharaonen“, präsentiert im Odysseum. Die Anreise gestalteten die Mitglieder in Eigenregie, und um 14 Uhr begann die Führung durch die Ausstellung, geleitet von unserer Vorsitzenden und Ägyptologin Dr. Carola Vogel. Sie fokussierte auf die herausragendsten Artefakte der Ausstellung, und im Anschluss hatte jeder Teilnehmer die Gelegenheit für die eigene Erkundungstour mit oder ohne Audioguide. Ein Informationsabend zwei Wochen zuvor bot mit Vorträgen eine Vorbereitung auf drei wesentliche Themen der Ausstellung: „Der Sarg des Ramses“ (Dr. Judit Garzón Rodríguez), „Der Schmuck von Tanis“ (Lara Ivanov B.A.) und „Katzensärge“ (Denise Koch).
Die Ausstellung zeigt 180 Original-Artefakte, gegliedert in die Themen Baukunst, Kriegsführung, Familie, Schmuck, Jenseitsglaube, Tod und Tiermumien. Die zumeist eher kleinen Ausstellungsräume sind in einem tiefen Schwarz gehalten, ausgestattet mit stimmungsvoller Beleuchtung der Objekte, untermalt von atmosphärischer Musik. Eingestreut finden sich filmische Darbietungen, zum Beispiel die animierte Schlacht von Kadesch oder der Eingangsfilm zu Ramses II., die einem eher superlativen Erzählstil folgen und geschichtliche Tatsachen zum Teil hintanstellen. Zu sehen sind u.a. aber auch eine sehr schöne filmische Animation von Pi-Ramesse oder die Rettung von Abu Simbel.
Die Ausstellung zeigt keineswegs nur Exponate aus der Zeit Ramses’ II. (19. Dynastie), sondern nutzt zur Beschreibung der jeweiligen Thematiken bedenkenlos Artefakte aus verschiedenen Dynastien und Zeitepochen. Die Ankündigung, das Gold der Pharaonen zu zeigen, wird durch einige Stücke aus den Schätzen von Tanis (21. und 22. Dynastie) und durch filigrane und opulente Schmuckstücke aus dem Mittleren Reich (zumeist 12. Dynastie) eingelöst. Zu nennen ist hier ein Pektoral der Prinzessin Sithathoriunet (12. Dynastie) mit der Kartusche von Amenemhet III. aus Gold, Karneol, Lapislazuli, Türkis. Ebenso das falkenköpfige Halsband mit Gegengewicht der Prinzessin Neferuptah (12. Dynastie) aus Gold, Karneol, Feldspat oder der Hüftgürtel von Prinzessin Merit (12. Dynastie) mit doppelten Leopardenköpfen als Schutzamulette. Beeindruckend auch das Diadem der Prinzessin Sithathoriunet (12. Dynastie) und ihr Schminkspiegel, der aus Silber, Gold, Obsidian und Lapislazuli gefertigt ist. Nicht minder faszinierend sind sehr kleine Exponate wie Schminkdöschen mit Deckel aus Karneol, Alabaster oder Lapislazuli. Imposant stellen sich die Pektoral-Halskette und das Collier von Psusennes I. (21. Dynastie) dar. An Goldmasken wurde (aus Tanis) die des Generals Wendjebauendjet gezeigt sowie eine vergoldete Holzmaske aus dem Sarg des Amenemope (beide 21. Dynastie)
Anhand mehrerer Artefakte wird beschrieben, dass Statuen, Sarkophage oder andere Objekte usurpiert wurden für die eigenen Zwecke. Der Kopf einer Kolossalstatue von Ramses II., welche den Auftakt der Ausstellung macht, ist eine Nachbearbeitung einer Statue eines Königs aus dem Mittleren Reich. Auch ein Obelisk aus Rosengranit, dessen oberer Teil seinen Weg von dem Tahrir-Platz vor dem Kairoer Museum in die Ausstellung nach Köln fand, zeigt Inschriften von Ramses, die auf eine Übernahme hinweisen könnten; Ramses habe sich möglichweise des Obelisken bemächtigt, so die Beschreibung. Auch die gezeigte wunderschöne Statue der Königin Tuja (Mutter Ramses’ II.) entstammt einer Königin-Statue aus dem Mittleren Reich und wurde für Tuja neu behauen und umbenannt. Der riesige ausgestellte Sarkophag aus Granit des Merenptah (Sohn Ramses’ II. und sein Nachfolger) wurde für Pharao Psusennes I. wiederverwendet.
Zu der Thematik der Kriegsführung findet sich, neben der nicht zu überhörenden filmischen Darstellung der Schlacht von Kadesch, eine Besonderheit, die man trotz ihrer Größe übersehen könnte: Ein quadratischer Kalkstein, der eine flache ringförmige Ausmeißelung enthält und als Form zur Herstellung von Schutzschilden diente. Gearbeitet wurde nach dem Vorbild der Hethiter, was den möglichen Austausch zwischen den Völkern oder die Übernahme und Verfeinerung von Fertigkeiten deutlich macht.
Ein besonderes Highlight der Ausstellung sind zwei bemalte Kalksteinreliefs, die aus einer ganz aktuellen Grabung stammen, die noch nicht publiziert ist. Es handelt sich um die neu entdeckte Grabstätte des Generals Iwrkhy/Urchya in Saqqara, der Heerführer unter Ramses’ Vater Sethos I. war und auch Ramses II. diente. Auf einem der Kalksteinreliefs wird wahrscheinlich der Ort Tjaru am Horusweg gezeigt; die Ähnlichkeit zu bekannten Reliefdarstellungen aus der Zeit Sethos’ I. sind unübersehbar. Das andere Relief zeigt Urchya, wie er die Ausstattung von Vorratskammern bewacht. Die neue Grabstätte wurde von der Archäologin Ola El-Agiuzy und ihrem Cairo University Team entdeckt. Dass ein solcher Neufund direkt in einer Ausstellung präsentiert wird, ist bemerkenswert. Die Grabstätte selbst ist der Öffentlichkeit (noch) nicht zugänglich.
Eine weitere Besonderheit ist der Zedernholzsarg von Ramses II. in seiner kunstvollen, feinen Ausarbeitung. Der Deckel in Mumienform zeigt den Pharao mit fein gemeißeltem Gesicht, Nemes-Kopftuch als Königsornat, mit dem typischen langen Bart und den vor der Brust gekreuzten Armen mit Krummstab und Geißel in den Händen. Ein Text auf dem Deckel des Sargs erzählt in Hieratisch die Geschichte seiner Reise von der Grabstätte in das später gefundene geheime Lager, die Cachette von Deir El-Bahari. Der Ausstellungsraum zeigt durch großformatige Fotos den Eingangsschacht der Cachette.
Einige ausgestellte Ostraka zeigen Übungsskizzen der Handwerker aus Deir el-Medina, und in dem nächsten Raum kann eine Reproduktion des Grabmals von Sethos I. durchschritten werden mit den vollendeten Reliefs und Bemalungen des Grabes.
Ein Sprung in der altägyptischen Geschichte ist der Raum mit den Tiermumien, die aus der Zeit der Ptolemäer stammen. Gezeigt werden unter anderem ein fein gearbeiteter Katzensarg aus Holz in Form einer sitzenden Katze, aber auch kunstvoll in Leintücher gewickelte Tiere, unter anderem auch ein mumifiziertes Löwenjunges.
Die Fundorte der Exponate werden in der gesamten Ausstellung leider nur selten mitgeteilt, was nicht nur für die Fachleute, sondern auch für leidenschaftliche Laien von Interesse wäre. Doch auch wenn dieser Aspekt sowie der erhöhte Geräuschpegel in der Ausstellung ein wenig störend waren, hinterlassen die Exponate an sich einen tiefen Eindruck der ägyptischen Kultur und Gesellschaft, sodass manch einer aus dem Freundeskreis gleich dreimal die Runde durch die Ausstellung drehte.
Das Ziel der Ausstellung ist es – daran lässt der Kurator Dr. Zahi Hawass in seiner Filmbotschaft keinen Zweifel – die Menschen für Ägypten zu begeistern und den Tourismus zu fördern. Die Einnahmen aus der Ausstellung fließen in die laufende Restaurierung der Grabstätte Ramses’ II., verspricht Hawass. Die Grabstätte ist durch Wassereinbruch und Schutt stark beschädigt. Schon 700.000 Kubikmeter Sand seien aus dem Inneren entfernt worden und eine Vielzahl von Geheimnissen seien in dem Sand verborgen gewesen.
Bisher tourte die Ausstellung von Houston nach San Francisco, dann nach Paris und Sydney. Seit dem 13. Juli ist die Ausstellung in Köln als einzige Station in Deutschland (noch bis zum 6. Januar 2025) zu sehen. Die nächste Station ist Tokio.
(Bericht von unserem Mitglied Annette Tormin)