Am 22. Mai begann die Vortragsreihe des Sommersemesters 2025 mit einem spannenden Vortrag zu Kleopatra. Die Ägyptologin Dr. Diana Fragata der JGU Mainz beleuchtete das vielschichtige Thema: „Wie konnte es nur so weit kommen? – Über die vielen Quellen des Films Cléopâtre (1910)“. Der Vortrag stimmte zugleich auf das anstehende Sommerevent 2025 des Freundeskreises ein, den gemeinsamen Besuch der Ausstellung „Caesar & Kleopatra“ im Historischen Museum Speyer am 14.06.2025.
Dr. Fragata zeigte zunächst den 10-minütigen französischen Stummfilm, der historisch nach Caesars Tod einsetzt und – sehr verkürzt – die Beziehung von Kleopatra und Marcus Antonius erzählt. Sie machte deutlich, dass der Film die Figur Kleopatra recht unsympathisch und gar grausam darstellt. In einer Szene beispielsweise nutzt sie einen Boten schamlos aus, um die Wirksamkeit eines neuen Gifttranks auszuprobieren. Eindrucksvoll stürzt der Bote vor der genüsslich ausgestreckten, ungerührten Kleopatra und ihrem Gefolge zu Boden, bis er mit letzten Zuckungen stirbt. Danach wird er einfach über die nächste Mauer geworfen und entsorgt.
In ihrem Vortrag durchschritt die Referentin lebendig und anschaulich die Rezeptionsgeschichte der Kleopatra. Sie machte deutlich, dass Kleopatra schon bei den antiken Autoren zu einem „Symbol für die trügerischen Verführungen wurde, mit denen der Osten Rom bedrohen konnte. Kleopatra bildete in ihrer Eigenschaft als Königin über ein orientalisches Reich einen krassen Gegensatz zu dem männlichen, demokratischen Rom“. Cassius Dio und Plutarch hatten dabei für die gebildete und kluge Kleopatra durchaus auch bewundernde Worte. So schrieb Plutarch:
Das Bild und die Beschreibung der Kleopatra verschlechterte sich jedoch zusehends, und sie wurde z.B. von dem augusteischen Dichter Horaz als „fatale monstrum“ bezeichnet.
Im Mittelalter wurde eine vollends lasterhafte Beschreibung von Kleopatra gegeben: Sie gebe sich ihrer „Geilheit hin“. Sie sei fast zur Hure orientalischer Könige geworden und gierig nach Geld und Juwelen … (Boccacio, De Claris Mulieribus,1362). Shakespeare fügt 1608 dem Bild der Kleopatra in seinem Stück „Antony and Cleopatra“ zumindest eine romantische Note bei. Aber auch hier wird Antonius bereits in den ersten Sätzen des Stückes als „Narr einer Dirne“ bezeichnet. Viel besser erging es Kleopatra auch im 18. und 19. Jahrhundert nicht, denn es formte sich ein Bild des Orients, der als reich und luxuriös beschrieben wurde, triebhaft und faul, grausam, despotisch und ausschweifend. Die Begrifflichkeit der „femme fatale“ kam auf und beschrieb eine zumeist junge, sinnliche Frau, die als männermordendes Weib in die patriarchalische Ordnung eindrang.
Die Malerei verortete Kleopatra gerne in einer orientalischen Welt aus 1001 Nacht oder in der Umgebung des pharaonischen Ägypten, jedoch nicht in ihren eigentlichen historischen Rahmen. Gezeigt wurde gerne Nacktheit, Opulenz, Verführung und häufig eine Schlange, durch die sich Kleopatra bekanntlich getötet haben soll.
Der Film Cléopâtre von 1910 ist also das Ergebnis vieler Einflüsse und Quellen, die bis in die Antike zurückreichen.
Wie konnte es mit Kleopatra nur so weit kommen? Die Referentin schloss mit den Worten: Durch all das konnte es so weit kommen!
[Bericht: Annette Tormin]