Podcast Folge 3: Zu Gast bei Rebecca Marhöfer

Herbstlicher Spaziergang mit Rebecca Marhöfer (Foto: C. Vogel)

 

In Folge 3 des Jubiläums-Podcasts interviewt Dr. Carola Vogel (CV) das neueste Vor­standsmitglied Rebecca Marhöfer (RM) und spricht mit ihr über ihr Studium der Ägyptologie und ihre Ideen als Vorstandsmitglied des Freundeskreises.

© Freundeskreis Ägyptologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz e. V.
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Einführung und Begrüßung

CV: Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, 2021 jährt sich die Gründung des Freundes­kreises Ägyptologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zum 20. Mal. Für uns als Vorstand ein willkommener Anlass, auf die Geschichte des Vereins zurück­zublicken. In loser Reihenfolge stellen wir Ihnen in unserem Jubiläumsjahr Men­schen vor, die den Weg des Vereins begleitet und zu seinem Erfolg beigetragen haben. Für unseren 3. Podcast treffe ich mich heute mit unserer neuen Beisitzerin, Rebecca Marhöfer. Mein Name ist Carola Vogel, ich bin die 1. Vorsitzende des Freun­deskreises und freue mich auf das Interview.

Interview

CV: Hallo, liebe Rebecca, vor wenigen Wochen bist Du als Beisitzerin neu in den Vorstand unseres Freundeskreises gewählt worden. Ist es Dein erstes Ehrenamt?

RM: Hallo, liebe Carola. Ja, es ist mein erstes Ehrenamt, aber ich habe schon bei uns in der örtlichen Kirchengemeinde im Kreise eines Kindernachmitta­ges die Ägyptologie fleißig vertreten. Es ging an dem Tag um den Großraum Afrika – da wurden verschiedene Länder vorgestellt, verschiedene Themen, verschiedene Religionen und, unter anderem, gab es, auf Anfrage meines Pfarrerehepaares, einen Beitrag meinerseits zum Alten Ägypten. Wir haben kleine Hieroglyphenspiele gemacht, die Kinder konnten ihre Namen schrei­ben, bzw. ich habe dann ihre Namen in Hieratisch geschrieben. Ich habe ihnen gezeigt, wo Ägypten liegt, was es in Ägypten alles gibt.

CV: In den letzten zwei Podcasts haben wir mit Marianne Arnold und Ulrike Jung­nickel zwei Personen vorgestellt, die das Studium der Ägyptologie erst nach einem erfüllten Berufsleben für sich entdeckt haben. Bei Dir sieht das anders aus: Du bist direkt nach dem Abitur an die Uni gegangen. Mittlerweile hast Du einen Masterab­schluss. Kannst Du uns ein wenig über Deine Erfahrungen mit dem Studium der Ägyptologie und der Archäologien erzählen?

RM: Ja, also ich habe direkt nach einem halben Jahr Pause, wo ich dann ein bisschen die Welt gesehen habe, bin ich an die Uni nach Mainz, habe damals noch Kunstgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart im Kernfach ge­habt, d. h. Kunstgeschichte und Archäologien und die Ägyptologie nur im Beifach; habe dann aber nach vier Semestern festgestellt, dass die Kunstge­schichte mir nicht so sehr liegt, weswegen ich dann in die Ägyptologie als Kernfach gewechselt bin und die Archäologien im Beifach behalten habe – und das war bisher die beste Entscheidung meines Lebens, denn ich konnte so viel sehen und lernen. Man ist ja in der Ägyptologie nicht nur im Alten Ägypten, sondern man reist ja nicht nur nach Ägypten: wir waren auf Ex­kursion in Rom, in Florenz – natürlich auch in Kairo – aber man hat die Chance, soviel von der Welt zu sehen, durch das Studium des Alten Ägypten. Man lernt Leute von überall aus der Welt kennen. Auf Konferenzen hatten wir super Gespräche mit fantastischen Menschen, die so tolle Sachen erfor­schen – und jeder Teilbereich der Ägyptologie ist so spannend, man kann aus jeder noch so kleinen Sache tolle, fantastische Dinge lernen, die eben nicht nur das Studium betreffen, sondern auch das ganze Leben!

CV: Du hast gerade erwähnt, wie wichtig Dir der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen war – wie ganz besonders eben das Studium der Ägyptologie ist, wenn man in einem permanenten Austausch mit anderen steht. Deinen Masterab­schluss hast Du ja noch vor der Corona-Pandemie erlangt. Wie hat sich nun Dein wissenschaftliches Leben seitdem verändert? Du besuchst ja aktuell keine Konfe­renzen mehr, würde ich denken und die tollen Fahrten, von denen Du berichtet hast, die liegen auch in der Vergangenheit. Vor diesem Hintergrund: wie beein­flusst die Pandemie die Möglichkeiten und auch die Arbeitsweise einer jungen Wis­senschaftlerin?

RM: Ja, also, die Pandemie hat natürlich – wenn man daran denkt – erst ein­mal negative Auswirkungen. Man kann z.B. nicht so einfach irgendwie in eine Bib reinkommen. Das ist schon schwierig. Man muss Plätze vorher re­servieren, das geht in Mainz noch relativ gut, aber ich weiß, dass es an ande­ren Unis nicht so einfach ist, irgendwie Bibliotheksplätze zu bekommen, um dann seine Literatur recherchieren zu können – und sich auf Dinge vorberei­ten zu können. Allerdings hat die Pandemie natürlich auch ein bisschen Vor­teil – willkommen in der Digitalisierung. Ich fand es super, dass die moderne Wissenschaft jetzt auch im 21. Jahrhundert jetzt digitaler wird, denn es er­leichtert uns auch die Kommunikation untereinander. Früher ist man zum Teil durch die Weltgeschichte geflogen, um zwei Tage irgendwo in einer Konferenz zu sitzen. Das kann man jetzt alles online machen. Ich finde, das funktioniert viel besser, denn man hat einen viel größeren Kreis, den man erreicht mit seiner Arbeit. Und das war der Vorteil dieser Pandemie, denn dieser Zusammenschluss ist natürlich einfacher so, diese Kommunikation. Allerdings, klar, man vermisst schon das Reisen, also ich wäre jetzt auch gerne wieder in Ägypten, wo es schön warm ist, nicht wie hier in Mainz, wo es vorhin geregnet hat, und würde da total gerne Feldarbeit machen, würde auch gerne wieder zu Konferenzen fahren – das habe ich sehr vermisst. So schön die SÄK auch war, digital, so hervorragend sie auch funktioniert hat, es ist schon etwas anderes, wenn man auf eine SÄK fahren kann.

CV: Wenn wir bei der Frage des wissenschaftlichen Arbeitens sind… Soweit ich weiß, planst Du auch noch die Promotion – thematisch zieht es Dich dabei in den Bereich der ägyptischen Philologie? Bevor Du mir diese Frage beantwortest, möchte ich nur ganz kurz für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer sagen, was SÄK bedeutet. Nicht jeder jenseits der Ägyptologie kann sich darunter sofort was vor­stellen. Das ist die Ständige Ägyptologen Konferenz, die einmal im Jahr im deutschsprachigen Raum, jeweils wechselnd an einer Universität, stattfindet, die Ägyptologie lehrt. Aber zurück zu meiner Frage.

RM: Ja, also ich habe ja schon meine Masterarbeit mit einem philologischen Schwerpunkt abgeschlossen – und ich hätte es eigentlich nie gedacht, dass ich mich mal so stark der Philologie zuwenden würde, aber auch das Kernthema der Dissertation soll eine philologische Studie sein. Es soll um das Wortfeld Wind im Alten Ägypten gehen. Also, es gibt ja noch mehr Wörter als tjau – und inwieweit sich dabei die einzelnen Wörter voneinander unter­scheiden, ob die Ägypter verschiedene Windstärken unterschieden haben, das soll mit dieser Studie untersucht werden. Die verschiedenen Konzepte, die Wind dabei annehmen kann, tjau bedeutet ja nicht nur Wind, sondern dann auch Atem oder Hauch. Wieweit da eine Unterscheidung gemacht wird, oder ob sich Atem und Wind … wieweit das parallel zu sehen ist… Aber an die Dissertation soll dann auch ein weiterer Themenschwerpunkt ange­schlossen werden, nämlich aktuelle Klimaforschungen. Es gibt zurzeit ganz spannende Untersuchungen zu Wind in der Antike an sich. Ausgehend von der Unwetter-Stele haben Wissenschaftler die Thera-Eruption untersucht, ob diese Eruption des Santorini-Vulkans Auswirkungen auf das Klima im Al­ten Ägypten hatte, da gehen ja viele Wissenschaftler davon aus, dass es Aus­wirkungen gab und wie diese Auswirkungen sich eben auch im Wetter des Alten Ägypten niederschlagen. Und, in der Unwetter-Stele wird ja von einem großen Unwetter berichtet, ob dieses Unwetter eben mit diesem Ausbruch des Santorini-Vulkans in Verbindung steht und wie dieses Unwetter aussah.

CV: Ja, im Hinblick auf Deine Promotion bist Du also im Bereich der ägyptischen Philologie gelandet und das gilt ja auch für die Lehre. Du bist im Bereich Lehre tätig – und zwar sowohl im Arbeitsbereich Ägyptologie als auch im Programm von Stu­dieren 50 plus. Und wenn du sagst, dass Du da eher zufällig gelandet bist bei der ägyptischen Sprache, bei der Dozententätigkeit ist das jetzt aber auch der Fall. Wie sind da so die Zusammenhänge? Hattest Du ursprünglich eine andere Thematik Dir vorgenommen und ist es wirklich purer Zufall, dass man dann im Laufe eines Studiums dann den Schwerpunkt bei der Philologie findet?

RM: Na ja, als ich klein war, wollte ich immer Archäologin werden – also schon mit sieben oder acht Jahren stand bei mir fest – ich werde Archäologin. D.h., da war damals schon klar, ich möchte einen archäologischen Schwerpunkt haben. Das hat sich dann während des Studiums tatsächlich ein kleines biss­chen verschoben, weil ich gemerkt habe, dass ich irgendwie ein Talent für die Philologie habe. Ich weiß zwar nicht, woher das kommt, wieso ich das habe, aber es lief irgendwie sehr gut mit mir und der Philologie. Deshalb bin ich da auch ein bisschen dran hängengeblieben – das war eigentlich unbe­absichtigt. Die Archäologie finde ich genauso spannend. Ich kann mich ge­nauso stundenlang mit Architektur befassen und mit Bilddekorationen, wie damit, einen Text zu lesen. Also grundsätzlich liebe ich beide Bereiche und sie gehören ja auch untrennbar zusammen. Also, wenn man vor einer Wand steht, in einem Tempel, dann gehören Bild und Text zusammen, es geht nicht das eine ohne das andere. Aber ich habe tatsächlich irgendwo ein Ta­lent für die ägyptische Sprache in mir entdeckt, das dann auch dazu führte, dass ich alle Sprachstufen durchstudiert habe, die das Ägyptische bietet – also alles irgendwie mal besucht habe, weil ich es einfach so spannend fand. Und, es ist kein Favorit, die Linguistik, aber ich mache sie genauso so gerne wie die Archäologie.

CV: Ja, also, die Philologie eher ein Zufall – aber Du hast natürlich völlig recht, das ist überhaupt nicht zu trennen. Aber es ist schon ein bisschen ungewöhnlich, von der Archäologie dann doch eher in der Tendenz bei der Philologie zu landen. Aber wenn wir schon in der Komplexität der Ägyptologie sind und was alles zusammen­gehört, dann darf natürlich die Historie nicht fehlen und hier wäre dann meine nächste Frage: würdest Du Dich generell als einen historisch interessierten Men­schen bezeichnen oder ist es tatsächlich exklusiv das Alte Ägypten, das Dich hier anspricht?

RM: Also ich liebe die Geschichte an sich. Man kann so viel davon lernen und es gibt so ein schönes Sprichwort: „jeder, der die Geschichte nicht kennt ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ D. h., wenn man aus der Vergangenheit nicht lernt, macht man in der Zukunft genau die gleichen Fehler – und dann kommen wir nicht voran als Gesellschaft. Aber, ich habe es ja schon gesagt, ich will schon seit ich ganz klein bin Archäologin werden und das liegt daran: bei uns war sonntags abends, halb acht, immer der Fernseher blockiert für Terra-X, damals hieß es noch ZDF-Expedition – und egal, was da kam, das war mein Thema. Ich habe alles geliebt, alles verschlungen. Ich habe auch alle Bücher, die ich irgendwie in der Bücherei finden konnte, zu allen mögli­chen Themen gelesen. Jedes Jahr zum Geburtstag bekam ich einen anderen Bildband zu Hochkulturen überall auf der Welt. Ich liebe die Geschichte an sich, habe auch in der Schule Geschichte Leistungskurs gehabt und war da immer sehr interessiert – bei egal welchen Themen, bei sämtlichen Diskus­sionen habe ich alles aufgesaugt wie ein Schwamm. Also, natürlich das Alte Ägypten ist mein Favorit, wenn ich eine Zeitmaschine hätte, würde ich da auch sofort hinreisen und mir alles angucken, aber alles andere ist genauso spannend, hat genauso seine Berechtigung.

CV: Ja, lass uns über den Freundeskreis sprechen. Wie hast Du ihn als Studentin wahrgenommen und ggf. von ihm profitiert?

RM: Ja, der Freundeskreis war natürlich immer da. Also schon seit dem ers­ten Semester. Ich weiß, mein erster Vortrag war ein Freundeskreis-Vortrag, im ersten Semester 2012. Das war superspannend, und ich habe, glaube ich, selten einen Vortrag des Freundeskreises verpasst während meines Studi­ums. Man hat ganz tolle Sachen mitgenommen und konnte auch alles prima verfolgen und verstehen. Man hat ganz spannende, tolle Kontakte geknüpft, nicht nur während der Vorträge, sondern auch danach. Und, ich bedanke mich bei dem Freundeskreis auch jedes Mal sehr herzlich, denn als Student profitiert man wirklich davon. Sie haben mir viele meiner Exkursionen mitfi­nanziert, ich bekam immer so einen kleinen Zuschuss – auch für die SÄK-Teilnahme, wenn wir irgendwo hingefahren sind, für die Exkursionen. Das war für mich als Studentin, die nicht so viel Geld hatte, ungemein hilfreich, weil, so konnte ich an den Exkursionen, an den SÄKs teilnehmen, was für mich natürlich ungemein lehrreich war. Also, nochmal, lieben herzlichen Dank, lieber Freundeskreis, dafür.

CV: Ja, Rebecca, erst mal vielen Dank für das Lob. Allerdings kannst Du Dich jetzt ja auch demnächst selbst loben, denn Du bist ja jetzt selber ein Teil des Vorstandes im Freundeskreis, kannst also jetzt selbst gestalten und mitentscheiden. Gibt es vielleicht Bereiche, in die Du Dich besonders gerne einbringen möchtest oder an­dere, die Du neu für den Freundeskreis erschließen möchtest? Ich bin gespannt zu hören, wie Du Dir hier die Mitarbeit im Vorstand vorstellst.

RM: Ja, ich habe mir fest vorgenommen, ein bisschen was für ein junges Publikum zu machen. Ich möchte mehr in die Social Media Abteilung wech­seln, also bisschen was im Social Media Bereich machen und damit auch mehr Leute erreichen. Wir werden damit hoffentlich wieder neue Mitglieder anwerben. Ich möchte das Alte Ägypten an junge Menschen heranführen, das ist mein großes Ziel in meinem Leben, neue Ägyptologinnen und Ägyp­tologen finden und sie genauso für dieses Fach begeistern, wie ich das tue. Das kann ich auch im Rahmen des Freundeskreises machen. Und, wer weiß, wenn ich Leute erreiche, die sich dafür interessieren, kommen sie zum Vor­trag, und dann vielleicht interessiert es sie so sehr, dass sie sich vielleicht mal für ein Studium anmelden oder so, mal sehen. Also, das ist mein Anliegen, junge Menschen auch für die Ägyptologie zu begeistern.

CV: Nun möchte ich Dich noch bitten, mir ein paar schwierige Entscheidungsfra­gen zu Deinen Vorlieben zu beantworten, gerne auch mit einer kurzen Erklärung, so können sich dann auch unsere Mitglieder ein besseres Bild von Dir machen:

CV: Kairo oder Assuan?

RM: Eindeutig Kairo

CV: Niltal oder Wüste?

RM: Niltal

CV: Winter Palace oder Old Cataract?

RM: Agatha Christie Fan – also Old Cataract

CV: Thutmosis III. oder Ramses II.?

RM: Schwierig, Thutmosis III würde ich sagen

CV: Humus oder Tahina?

RM: Auch schwierig, Tahina würde ich da nehmen

CV: Schmeckt aber beides gut. Esel oder Kamel?

RM: Kamel

CV: Und jetzt jenseits der Ägyptologie: Rot- oder Weißwein?

RM: Weißwein

CV: Rock oder Pop?

RM: Definitiv Rockmusik

CV: Katze oder Hund?

RM: Team Hund

CV: Museumsbesuch oder lässiger Filmeabend auf dem Sofa?

RM: Kommt auf den Film an – und kommt auf das Museum an. Nehme ich gerne beides – aber ich bevorzuge nachmittags Museum, abends Film

CV: Sehr diplomatisch, danke! Besten Dank für das Interview. Ich denke, unsere Zuhörerinnen und Zuhörer haben einiges über Dich erfahren. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit und wünsche Dir ansonsten noch einen schönen Tag – bis bald.

Schnitt: Jessica Kertmann/Tobias Konrad
Verwendete Musik von TimMoor auf Pixabay